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Der Winter fällt aus

[24.02.2020]

Der Winter 2019 auf 2020 war bisher sehr arm an Schnee und viel zu warm. Der Grund dafür liegt hoch im Norden, in der höheren Atmosphäre.


20 bis 30 km über dem Nordpol, wo der Luftdruck nur noch 70 bis 10 hPa beträgt, bildet sich jeden Winter der sogenannte Polarwirbel aus. Dieser befindet sich zwar in der Stratosphäre, also über der Tropopause, doch wirkt sich dessen Strömung auf die darunter liegende Troposphäre aus. Während des Frühlings nimmt die Stärke des Polarwirbels wieder deutlich ab, sodass er sich schließlich auflöst. Zu dieser Zeit beginnt er sich über dem Südpol auszubilden und beherrscht dort den Winter.


Jedes Jahr findet die Ausbildung des Polarwirbels statt. Aber der Wirbel ist nicht immer gleichartig. Mal ist er stärker, mal schwächer ausgeprägt, oder setzt sich sogar aus mehreren Wirbeln zusammen. Daraus ergibt sich, wie stark sich der Wirbel auf das Wettergeschehen in der unteren Atmosphäre auswirken kann. Ein gut ausgebildeter Wirbel kann den Jetstream und schließlich die Westwinddrift über dem Nordatlantik deutlich verstärken.


Auf Meeresniveau ergibt sich ein Luftdruckgegensatz zwischen den arktischen und mittleren Breiten. Je stärker dieser Gegensatz, desto stärker weht die Westwinddrift nordatlantische Luftmassen nach Nordeuropa und Sibirien. Schwächt sich der Gegensatz hingegen ab, so kann polare Luft weit nach Süden vordringen und Europa und Asien kalte Winter bescheren. Den Zustand dieses Luftdruckgegensatzes beschreibt der AO-Index (Arktischer Oszillations-Index).


Im späten Dezember 2019 stieg der AO-Index in den positiven Bereich. Nichts außergewöhnliches, doch damit wurden vermehrt warme Luftmassen nach Europa transportiert. Anfang Januar war diese Situation sehr stark ausgeprägt: Die Werte des AO-Index erreichten zeitweise Werte von über 4.


Mitte Januar schwächte sich die Lage zwar etwas ab, doch die Werte sanken nicht in den negativen Bereich. Auch dies ist nicht unüblich, doch Anfang Februar intensivierte sich der AO-Index erneut deutlich und erreichte Werte von über 5,5. Das Maximum wurde mit 5,8 registriert. Auch Ende Februar werden diese hohen Werte festgestellt. Mit dem 23. Februar liegt der Index bereits 57 Tage durchweg im positiven Bereich.


Nachdem der Januar durch die herantransportierten warmen Luftmassen schon zu warm ausfiel, setzte sich dies auch im Februar fort. Zudem führt eine stark ausgeprägte Arktische Oszillation zu einer reduzierten Schneemenge in den nördlichen Breiten. Dadurch fällt der Winter in Deutschland nahezu aus. Nur an wenigen Tagen gab es bisher in den tieferen Lagen Schnee. Kälteeinbrüche waren ebenso selten.


Der AO-Index erreichte aber auch in früheren Jahren immer wieder einmal sehr hohe Werte. Im Folgenden sind die bisherigen Rekorde chronologisch aufgelistet:

  Dez 1988 bis Mar 1989, max 5,5 im Jan 1989,
  Jan bis Apr 1990, max 6 im Feb 1990,
  Dez 1992 bis Jan 1993, max 5,3 im Jan 1993,
  Feb bis Mar 2015, max 5,6 im Mar 2015.


Prinzipiell kann sich die Situation schnell umkehren und den Index in den negativen Bereich drücken. Es gibt derart reichlich Beispiele, die in den letzten 70 Jahren dokumentiert wurden. Doch der Polarwirbel ist derzeit sehr stark ausgeprägt und hält seit Wochen seine Position. Dadurch ist davon auszugehen, dass auch in den nächsten Wochen mit viel Wärme gerechnet werden muss.


Redaktion meteo.plus