Aus Langzeitbetrachtungen geht hervor, dass die Sonnenaktivität im 20. Jahrhundert eine Stärke erreicht hatte, wie sie über 9000 Jahre nicht auftrat. Schließen lässt sich dies anhand von Proxydaten aus dem ewigen Eis.
Die hochenergetische kosmische Strahlung, welche aus allen Richtungen des Alls ständig auf unsere Erdatmosphäre trifft, führt dort zur Bildung des Isotops 10Be (chem. Symbol für Beryllium). Die Intensität der kosmischen Strahlung wird jedoch von der Sonne und ihrem Sonnenwind beeinflusst. So nimmt die Intensität der kosmischen Strahlung ab, wenn sich die Sonnenaktivität verstärkt. Gleichzeitig bewirkt dies eine reduzierte Produktion von 10Be in der Atmosphäre.
Da die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre in Form von kleinen Luftbläschen im arktischen und antarktischen Eis über Jahrtausende eingelagert wurde, lässt sich aufgrund der Konzentration des Isotops im Eis relativ gut auf die Stärke der Sonnenaktivität in der Vergangenheit schließen.
Folgendes Diagramm stellt die 10Be-Konzentration und die beobachtete Sonnenfleckenzahl vergleichend dar. Der synchrone Verlauf ist dabei deutlich zu erkennen. Während die Sonnenaktivität zunimmt, sinkt die Konzentration des Beryllium-Isotops im ewigen Eis (invertiert dargestellt).
Anzumerken ist aber, dass zeitweise die Aktivität der Sonne zurückgeht, die Beryllium-Konzentration im Eis aber nicht zunimmt. Diese Tatsache lässt darauf schließen, dass die Abstrahlung der Sonne bzw. die Einstrahlung in die Erdatmosphäre nicht immer exakt gleich der Fleckenzahl auf der Sonnenoberfläche ist. Die Abweichungen sind jedoch gering und fälschen den allgemeinen Zusammenhang nicht ab.
Das zweite Diagramm (Quelle: Nature Vol. 431, 28.10.2004, verändert) zeigt den Verlauf der Sonnenaktivität für die letzten 11.400 Jahre (blau). Zum Vergleich wurden für die letzten 200 Jahre zusätzlich die beobachteten Sonnenfleckenzahlen eingetragen (rot).
Es wird klar ersichtlich, dass die Aktivität der Sonne großen Schwankungen unterliegt, sich aber über Jahrtausende relativ stabil halten kann. Nach dem extremen Minimum im 17. Jahrhundert hat jedoch die Sonnenaktivität wieder schlagartig zugenommen. In den letzten 70 Jahren liegt sie sogar weit über dem langzeitlichen Durchschnitt, der für den gesamten Zeitraum von 11.400 Jahren zwischen 25* und 40* Sonnenflecken schwankte. In den letzten Jahrzehnten erreichte der Durchschnittswert ca. 75* Flecken und lag damit etwa 3 mal höher als es in den Jahrtausenden zuvor üblich war.
Vor 9000 Jahren, also 7000 Jahre B.C., war die Sonne ähnlich aktiv wie heute. Damals passte das "Verhalten" der Sonne jedoch in den allgemeinen Trend, da es zuvor bereits öfters einmal zu solch hoher Aktivität der Sonne gekommen war.
Die jüngste Aktivität der Sonne stellt jedoch einen starken Kontrast zu den vergangenen Jahrhunderten dar. Vielleicht handelt es sich bei dieser Situation nur um einen kurzzeitigen Ausreißer. Die weitere Entwicklung der Sonne ist noch ungewiss. Es wird zwar vermutet, dass sie in den nächsten Jahrzehnten wieder an Stärke verlieren könnte, aber in Anbetracht der Vergangenheit ist dies nur schwer abschätzbar.
* Hinweis: Im Rahmen der Homogenisierung haben sich die Angaben der Sonnenfleckenzahlen geändert. Die Relation zu den historischen Proxydaten bleibt jedoch bestehen.